Sanierungserlass
(Beitrag 29/04/2017)
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28. November 2016 (GrS 1/15)
Mit dem am 8. Februar 2017 veröffentlichten Beschluss vom 28. November 2016 (GrS 1/15) hat der Große Senat des BFH entschieden, dass das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I S. 240), ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010 S. 18) - sog. Sanierungserlass - gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Der Bundesrat hat im Rahmen des Entwurfs eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen um Prüfung einer gesetzlichen Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen (mit verfassungsrechtlich zulässiger steuerlicher Rückwirkung) gebeten.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Grundsätze des vorgenannten BFH-Beschlusses aus Gründen des Vertrauensschutzes Folgendes:
1. Schuldenerlass bis zum 8. Februar 20171
In den Fällen, in denen der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis
(einschließlich) zum 8. Februar 2017 endgültig vollzogen wurde, sind die BMF-Schreiben
vom 27. März 2003 (a. a. O.) und 22. Dezember 2009 (a. a. O.) weiterhin uneingeschränkt
anzuwenden. Ist der Forderungsverzicht Gegenstand eines Insolvenzplanes, gilt er mit der
Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichtes über die Bestätigung des Insolvenzplanes
als endgültig vollzogen.
2. Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage
In den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft (§ 89 Absatz 2 AO) oder verbindliche
Zusage (§§ 204 ff. AO) zur Anwendung des Sanierungserlasses bis (einschließlich) zum
8. Februar 2017 erteilt wurde, ist diese nicht nach § 2 Absatz 3 Steuer-Auskunftsverordnung
(StAuskV) aufzuheben und nicht nach § 130 Absatz 2 Nummer 4 AO zurückzunehmen, wenn
der Forderungsverzicht der an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über
die Aufhebung oder Rücknahme der verbindlichen Auskunft oder verbindlichen Zusage ganz
oder im Wesentlichen vollzogen wurde oder im Einzelfall anderweitige Vertrauensschutzgründe
vorliegen (z. B. der Vollzug des in Umsetzung befindlichen Sanierungsplans / des
Forderungsverzichts der an der Sanierung beteiligten Gläubiger kann vom Steuerpflichtigen
nicht mehr beeinflusst werden).
In den Fällen, in denen eine verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage zur Anwendung
des Sanierungserlasses nach dem 8. Februar 2017 erteilt wurde, ist diese nur dann nicht nach
§ 130 Absatz 2 Nummer 4 AO zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht der an der
Sanierung beteiligten Gläubiger bis zur Entscheidung über die Rücknahme vollzogen wurde.
3. Billigkeitsmaßnahmen unter Widerrufsvorbehalt
In allen übrigen Fällen (kein Forderungsverzicht aller an der Sanierung beteiligten Gläubiger
bis zum 8. Februar 2017 und keine vorliegende verbindliche Auskunft oder verbindliche
Zusage) gilt zur Anwendung der BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (a. a. O.) und
22. Dezember 2009 (a. a. O.) im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung Folgendes:
Billigkeitsmaßnahmen in Form von abweichenden Steuerfestsetzungen nach § 163 Absatz 1
Satz 2 AO und Stundungen nach § 222 AO sind nur noch unter Widerrufsvorbehalt vorzunehmen.
Erlassentscheidungen (§ 227 AO) sind zurückzustellen.
Steuerberaterin
Vera Scholz